Stütze mich, damit ich lebe, wie du es verheißen hast. Lass mich in meiner Hoffnung nicht Scheitern. (Psalm 119:116)

Donnerstag, 26. Juni 2014

Der Tempel der tausend Spiegel

In einem fernen Land gab es vor langer Zeit einen großen Tempel mit 1000 Spiegeln, in den sich eines Tages ein Hund verirrte. Der sah sich plötzlich 1000 anderen Hunden gegenüber. Er begann zu knurren und sah, wie 1000 andere Hunde ebenfalls knurrten. Da steigerte sich sein Zorn, und die Wut der anderen Hunde ebenfalls.

Erst nach langer Zeit fand der Hund völlig erschöpft den Ausgang. "Wie ist die Welt doch böse", sagte sich der Hund, "sie besteht aus lauter wütenden Hunden." Er hielt es für erwiesen, dass ihm andere Hunde feindlich gesinnt waren. Die Welt war für ihn ein bedrohlicher Ort, und er lebte verbittert bis ans Ende seiner Tage.

Nach einiger Zeit kam ein anderer Hund in den Tempel der 1000 Spiegel. Auch er sah sich 1000 Hunden gegenüber, und der Hund freute sich und wedelte freundlich mit dem Schwanz. Da wedelten die 1000 Artgenossen zurück, und der Hund freute sich, dass die anderen Hunde sich freuten, und die Freude fand kein Ende. 

So ging der Hund immer wieder in den Tempel, um sich mit den anderen Hunden zu freuen. "Wie ist die Welt doch schön", sagte sich der Hund. "Überall gibt es freundliche Hunde, die mit dem Schwanz wedeln!" Er hielt es für erwiesen, dass ihm andere Hunde wohl gesinnt waren. Die Welt war für ihn ein freundlicher Ort, und er lebte bis ans Ende seiner Tage. 

(vgl. Dr. Späth, Thomas/Bao, Shi Yan: "Shaolin - Das Geheimnis der inneren Stärke", Gräfe und Unzer Verlag, München 2011)

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